ChatGPT als psychologischer Berater: Generation Z sucht vermehrt KI-Unterstützung

Eine neue Studie zeigt: Fast die Hälfte der Schweizer Gen Z nutzt ChatGPT bereits für persönliche und emotionale Anliegen. Während 69 Prozent die KI-Antworten als hilfreich empfinden, warnen Expert:innen vor den Risiken dieser Entwicklung.

Studie ChatGPT (c) beyondweb
Studie ChatGPT (c) beyondweb

KI als niederschwellige Alternative zur Therapie

ChatGPT entwickelt sich zunehmend zur ersten Anlaufstelle für psychologische Unterstützung – besonders bei der jüngeren Generation. Eine aktuelle Studie der Schweizer Web- und SEO-Agentur Beyondweb zeigt: 49 Prozent der befragten Gen Z haben den KI-Chatbot bereits für persönliche Anliegen genutzt. Die Gründe dafür sind vielfältig: 23 Prozent suchen Entscheidungshilfe, 18 Prozent Rat bei Beziehungsthemen und 17 Prozent Unterstützung zur Stressbewältigung.

Hohe Hürden im Gesundheitssystem

Die Hauptgründe für den Trend zur KI-Beratung liegen im Schweizer Gesundheitssystem: 39 Prozent der Befragten empfinden die Therapiekosten als zu hoch, 24 Prozent beklagen lange Wartezeiten. ChatGPT bietet hier eine kostenlose, sofort verfügbare und anonyme Alternative.

«Es ist verständlich, dass Menschen ihre Gedanken in einem geschützten Rahmen äussern möchten. Aber ChatGPT ist keine psychotherapeutische Beratung», warnt Dr. phil. Hannah Süss, Leitende Psychologin und Vorstandsmitglied des Zürcher Psychologenverbands ZüPP. Die Expertin sieht darin ein zweischneidiges Schwert: «Einerseits eröffnet es Betroffenen überhaupt erst die Möglichkeit, über ihre Belastungen zu sprechen. Andererseits besteht die Gefahr, dass dadurch der Weg zu notwendiger Unterstützung hinausgezögert wird.»

Positive Bewertung trotz Risiken

Die Studie zeigt eine überwiegend positive Resonanz: 69 Prozent der Nutzer:innen bewerten die KI-Antworten als hilfreich oder sehr hilfreich. Besonders geschätzt wird die Anonymität – 61 Prozent finden es angenehmer, sich der KI anzuvertrauen als Menschen.

Doch Dr. Süss warnt: «KI kann eine Scheinauthentizität erzeugen. Sie imitiert Empathie, verfügt jedoch über kein eigenes Erleben oder klinisches Urteilsvermögen.» Internationale Fälle zeigen die möglichen Konsequenzen: In den USA nahm sich ein Jugendlicher nach Interaktionen mit dem Chatbot das Leben. In einem anderen Fall wurde ein Nutzer durch ChatGPT in eine manische Phase getrieben, weil die KI seine Wahnideen verstärkte – ein Phänomen, das Expert:innen als «AI Psychosis» bezeichnen.

Nur 15 Prozent der Befragten nutzen ausschliesslich KI-Tools für psychologische Unterstützung. Die Mehrheit sieht ChatGPT als Ergänzung zur traditionellen Hilfe, nicht als Ersatz. Künftig könnte KI in Begleitung etablierter Therapiemethoden eine wichtigere Rolle für die seelische Unterstützung spielen – allerdings nur unter professioneller Aufsicht.

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