«Es gibt keine generelle Krise»
Bulgari-CEO Jean-Christophe Babin über US-Zölle, das Schmuckgeschäft und die Babyboomer als neue Zielgruppe.
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Bild: Jean-Christophe Babin, CEO von Bulgari, führt das Unternehmen seit 2013 erfolgreich. Quelle: zvg
Jean-Christophe Babin, CEO von Bulgari, über die US-Zölle, das Schmuckgeschäft und die Babyboomer als neue Zielgruppe.
Durchsetzungskraft und Vision zeichnen Jean-Christophe Babin aus. Seit 2013 führt der Franzose das römische Traditionshaus Bulgari und hat die Marke in eine beispiellose Wachstumsphase geführt: Der Umsatz hat sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt, und Bulgari zählt heute zu den profitabelsten Marken im LVMH-Portfolio. Vor allem mit der preisgekrönten Octo-Finissimo-Linie hat er Bulgari in der Uhrmacherei international etabliert und ihr einen Platz in der Spitzenklasse gesichert. Parallel wuchsen das Schmuck- und das Hotelsegment rasant. Als CEO von LVMH Watches trägt Babin zudem die Verantwortung für TAG Heuer, Zenith und Hublot – eine seltene Konzentration von Markenverantwortung.
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Bild: Bulgari konnte unter Babins Führung den Umsatz mehr als verdoppeln. Quelle: zvg
«Ich war sehr überrascht», sagt Babin zur Ankündigung von Donald Trump am 1. August, für die Schweiz 39 Prozent Strafzoll zu verhängen. Er hofft nun aber, dass es nicht dabei bleibt. Die letzten paar Monate haben gezeigt, dass sich die Dinge manchmal sehr rasch ändern können. Die Hoffnung besteht, am Ende der Verhandlungen EU-Niveau zu erreichen. «Das wäre etwas leichter zu verdauen, aber natürlich immer noch wesentlich mehr als in der Vergangenheit.»
Sofortmassnahmen habe man zunächst keine ergriffen. «Wir haben einiges Inventar in den USA und sind nicht gezwungen, sofort zu reagieren», erklärt Babin. Die Gespräche laufen, und man beobachte die Situation sehr genau, stelle sich aber erst einmal darauf ein, dass es bei den 39 Prozent bleibt.
Die USA sind für Bulgari ein äusserst wichtiger Markt: «Wenn man heute eine ehrgeizige Luxusmarke ist, sind die USA neben China und Europa sehr wichtig, denn das ist die Welt des Luxus.» Nirgends sei das Begehren nach Luxus grösser, und nirgends gebe es in absoluten Zahlen so viele sehr wohlhabende Leute. Heute sind die USA unter den Top 3 Märkten, vor zehn Jahren waren sie noch auf Rang 11.
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Bild: Die Luxusmarke setzt verstärkt auf die kaufkräftige Babyboomer-Generation. Quelle: zvg
Interessanterweise ist es genau das High-End-Segment, das aktuell besser Widerstand leistet als der ganze Rest. «Wir werden das nutzen, um einige Schwächen beim Einstiegslevel zu kompensieren und so bei gleich bleibenden Preisen bessere Margen zu erzielen.»
Babin sieht zudem einen grossen Wachstumstreiber am Horizont: «Es wird in den nächsten Jahren eine massive Verschiebung von Ressourcen von den Babyboomern zu jüngeren Generationen stattfinden. Ich bin jetzt 66, und in 20 Jahren bin ich gemäss Statistik vermutlich nicht mehr auf der Welt. Eine meiner Töchter ist dann in ihren Dreissigern – und es wird für sie buchstäblich Geld vom Himmel regnen.»
Stellen Sie sich vor, erklärt Babin, Babyboomer besitzen heute 70 Prozent des weltweiten Vermögens. Diese Ressourcen werden in den kommenden Jahren an die Millennials und die Gen Z vererbt. «Das eröffnet spannende Zukunftschancen für Marken, die frühzeitig auf die Bedürfnisse dieser Generationen eingehen.»
Kurzfristig hat Bulgari die Babyboomer nun zu einer wichtigen Zielgruppe erklärt. Sie haben Geld, wissen, dass sie keine sechzig Jahre mehr leben, und wollen es umso mehr geniessen. «Bislang hat sich die Luxusindustrie ja kaum um diese Generation gekümmert, was auch der Grund dafür ist, dass sie Luxus nicht gross konsumieren. Gelingt es uns, sie zu gewinnen, können wir hier kurzfristig ein interessantes Geschäft aufbauen.»